Alle relevanten Daten erfassen und aufbereiten, kann mittlerweile eine Heerschar auch günstiger Fitnesstrecker. Was die Samsung Gear Fit2 aus der Masse heraushebt, wollte ich selbst herausfinden und habe mir nach reiflicher Überlegung nun doch das neuste Fitnessband aus dem Hause Samsung geholt.
Am liebsten schlicht und nicht so klobig. Für mich kommt eine klassische Smartwatch eher nicht in Frage, also bleibt nur das weite Feld an kleineren Fitnessbändern. Mit dem Vorgängermodell habe ich einige Zeit geliebäugelt, griff aber doch zum günstigeren Xiaomi Mi Band. Paradoxerweise habe ich mich bei den aktuellen Vertretern für die teure Samsung Gear Fit2 entschieden – einfach auch um zu schauen, ob der deutliche Preisaufschlag gerechtfertigt ist.
Wer hier die Gear Fit 2 testet
Ich bin kein (Hobby-)Sportler, laufe ab und zu und gehe gerne ins Freibad um ein paar Runden zu ziehen. In dieser Hinsicht bin ich absolut durchschnittlich. Ich versuche aber wahrscheinlich öfters als der Rest, unnötige Strecken mit dem Auto zu vermeiden. Je mehr ich Gehen kann, desto besser. So mein Credo. Darüber hinaus interessiert mich zu sehen, wie viel ich nachts tatsächlich und in welcher Intensität schlafe. Ich soll sehr umtriebig sein. Pulsmessung (kontinuierlich, manuell) war mir ebenso ein wichtiges Kaufkriterium.
Design & Display– Pluspunkte für die Gear Fit 2
Optisch, da lege ich mich sehr früh fest, ist die Gear Fit2 unschlagbar im Vergleich mit anderen auf dem Markt erhältlichen Smartwatches und Fitnessbändern. Es kann sein, dass sich das mit Einführung der Samsung Gear S3 ändert. Das schmale Display, aber groß genug, um alle Funktionen einwandfrei zu nutzen und abzulesen, finde ich äußerst gelungen.
Was die Helligkeit bzw. das Ablesen des Trackers angeht, so kann auch hier Samsung überzeugen. Die Helligkeit lässt sich in zehn verschiedenen Intensitätsstufen sowie einem kurzzeitig aktivierbarem “Burst”-Modus einstellen. Bei Letzterem ist die Helligkeit für maximal fünf Minuten besonders hoch. Ansonsten macht auf dem OLED-Display aus meiner Sicht eine einfach gehaltene Uhr mit großen weißen Zahlen am Meisten Sinn. Wer da Probleme mit dem Ablesen hat, sollte eventuell einen Optiker konsultieren.
Wie schneidet die Gear Fit 2 im Langzeit-Test ab?
Messung und Tracking
Auf die Pulsmessung war ich gespannt. Sie liefert interessante Einblicke in mein Innenleben. Wenn die Daten stimmen, so dürfte bei mir soweit alles im grünen Bereich liegen. Die Gear Fit2 misst nicht nur sehr viele Aktivitäten (via S Health können eine schier unüberschaubare Menge hinzugefügt werden), sondern erkennt diese automatisch. Geht man etwa ein paar Minuten vor die Tür, so meldet sich sie sich nach einigen Minuten und blendet sich mit motivierend gedachten Nachrichten (“Gesundes Lauftempo”) zur gerade gestarteten Aktivität ein. Als ich letzte Woche kurzzeitig bei einem Umzug ein paar Kartons hoch- und runtertrug, bekam ich für meine sagenhaften Dienste sofort ein Abzeichen fürs Treppensteigen verliehen. Die Gear Fit2 bemerkt die bewältigten Etagen und zeichnet fleißige Träger prompt aus.
GPS-Tracking ist ebenfalls möglich und stimmt mit den Daten überein, die ich mit dem Smartphone oder den Navi ermittle. Die Schlafüberwachung präsentiert am nächsten morgen einen kleinen Überblick über die vergangene Nach. Wie lange und wann man geschlafen hat und wie effizient der Schlaf gewesen ist. Ob Makulatur, purer Nonsense oder nicht, in der S Health App wird das Ganze im Detail präsentiert. Unruhige, leichte und tiefe (unbewegliche) Schlafphasen werden in einer hübschen und übersichtlichen Grafik dargestellt. Man kann den Schlaf zusätzlich bewerten. Den Sinn dahinter habe ich aber nicht ganz verstanden.
Benachrichtigungen mit der Gear Fit2 anzeigen
Die Benachrichtigungsfunktion kann für nahezu alle installierten Apps (sinnvoll) eingeschaltet werden. Ist die Gear Fit2 mit dem Smartphone gekoppelt oder im (heimischen) WLAN-Netzwerk eingeloggt, zeigt sie eingehende Benachrichtigungen an – etwa Gmail, WhatsApp oder Twitter. Die Einstellungen nimmt man in der Samsung Gear Fit2-App auf dem Smartphone vor. Persönlich habe ich die Benachrichtigungsfunktion eingeschränkt . Nicht jede App braucht aus meiner Sicht diesen Zugriff. Nicht zuletzt geht die Akkulaufzeit rapide gen Null, wenn man viele Benachrichtigungen parallel am Handgelenk empfängt.
Übrigens befindet sich die Option, die Gear Fit2 ins heimische WLAN anzumelden, etwas versteckt unter Einstellung ->Verbindungen->WLAN. Hier kommt man dann in den seltenen Genuss, auf der winzigen Tastatur das WLAN-Passwort einzugeben.
Die Möglichkeit, Musik direkt auf die Samsung Gear Fit2 zu übertragen (am einfachsten über die Gear App), ist ein weiteres nützliches Feature. Es erlaubt die Musikwiedergabe per Bluetooth Headset, sodass ein Smartphone hierfür nicht mehr zwingend benötigt wird. Getestet habe ich diese Funktion in Ermangelung eines Headsets aber noch nicht.
S Health – ohne ist die Gear Fit2 nicht ganz so fit!
Die Auswertung auf der S Health App und der Vergleich zu Freunden, die ebenfalls die S Health App nutzen, ist ein netter, zeitgemäßer Umgang mit Fitnessdaten. Angesichts der weiten Verbreitung von Samsung Smartphones, dürfte sich im Bekannten- und Freundeskreis der ein oder andere Nutzer finden. Über das Thema Datenschutz müsste man sich an anderer Stelle auch einmal unterhalten, notfalls kann man auf die App komplett verzichten.
Kein S Health mit Android 7.0″]Leider lässt sich S Health unter Android 7.0 Nougat weiterhin (Stand 5.9.2016) nicht vollständig nutzen. Bei der Anmeldung mit dem bestehenden Samsung-Konto stürzt die App ab. Erfasste Daten können nicht synchronisiert werden.
Erreichte Ziele und Rekorde, selbst erstellte Herausforderungen via App zu teilen, dürfte nicht wenige Sportmuffel dazu bewegen, einmal den Arsch hochzukriegen das Sofa zu verlassen. Zusätzlich nervt/motiviert die Gear Fit2 mit Inaktivitätsmeldungen, damit man auch wirklich auch regelmäßig in Bewegung bleibt und nicht nur gefühlt den ganzen Tag auf Achse war. Manchmal erschrecke ich angesichts der Stunden, die ich bewegungslos vor dem Laptop verharre. Irgendjemand muss euch ja mit völlig subjektiven Blogbeiträgen malträtieren.
Pferdefuß Akku
Ein wenig enttäuschend fällt der Akku aus: GPS, Synchronisierungen und Display fordern ihren Tribut, was in eher bescheidenen Akkulaufzeiten resultiert. Hier gilt es, einen für sich machbaren Kompromiss zu finden, welche Dienste und Features man permanent nutzen möchte und auf welche man vielleicht doch nach einer Weile verzichten will. Sollten Gmail, WhatsApp, GPS und automatische Pulsmessung aktiv sein, wird man im Schnitt nach etwa 24 Stunden wieder aufladen müssen. Der Energiesparmodus verhindert zwar, dass die Gear Fit2 vollends leer geht bevor man in einen sicheren Hafen (ergo die USB-Buchse des PCs/Laptops etc) eingelaufen ist, so richtig warm werde ich damit indes aber nicht. Da bin ich natürlich durch das Mi Band ein wenig verwöhnt (3 Wochen bei mir im Schnitt), die hatte aber auch kein Display. Je nachdem also, welche Synchronisierungen laufen, hält der Akku 24 bis 48 Stunden. Die Ladezeit liegt bei ca. 1 Stunde, wobei ich meistens bei 15% schon an die Ladestation gehe.
Was mir fehlt/ich mir gewünscht hätte
Was mir fehlt/ich mir gewünscht hätte: zum einen ist es doof, dass die Gear Fit2 keinen Lautsprecher oder Mikrofon hat. Zumindest als Wecker (Vibration ist immerhin vorhanden) hätte ich das ganz gut gefunden. Auch eine Diktierfunktion fände ich ganz praktisch und könnte mitunter schneller genutzt werden als ein Smartphone. Vielleicht wird es in kommenden Versionen möglich sein. Bis dahin kommt man aber auch ganz gut ohne diese Features aus. Die Möglichkeit, mit Kurzantworten direkt auf eingegangene Benachrichtigungen zu reagieren, könnte man ausbauen. Es stehen einige Antworten bereit und es können beliebig (?) viele hinzugefügt werden. Die Länge ist aber auf 20 Zeichen beschränkt. Zumindest SMS-/Twitterlänge fände ich cool.
Mein Fazit zur Gear Fit2
Wer ebenfalls mit einem Kauf liebäugelt und diesen Test als Beitrag zur Kaufentscheidung lesen möchte, dem sei gesagt, dass die Gear Fit2 trotz vorhandener Alternativapps erst bzw. nur im Zusammenspiel mit der S Health App so richtig in Schwung kommt. Als Standalone-Gerät ist sie aber ebenfalls nutzbar.
Zwar benötigt man weder explizit ein Samsung-Smartphone, noch ist überhaupt zwingend der Einsatz einer externen App erforderlich, da die Gear alle wichtigen Informationen selbst anzeigt. Trotzdem ist der Einsatz von S Health und die Kopplung mit einem Smartphone empfehlenswert. Als reiner Stand-alone-Tracker wäre sie mir zu teuer und ich würde mich nach anderen Fitnesstrackern umsehen. Oder vielleicht doch einer Smartwatch. Da auf dem Nexus 6P die Developer Preview von Android Nougat einen dauernden Absturz verursachte, entgingen mir viele wichtige Feautures und Funktionen, mit denen die Gear Fit 2 erst ihr ganzes Potenzial abschöpft. Einzige Wermutstropfen sind zum einen der recht hohe Preis und auf der anderen Seite ein Akku, der bei vollem Ausschöpfen des Potenzials des Samsung-Trackers nicht besonders lange durchhält.